Ingram Washington »What a Difference a Day Makes«
Ingram Washingtons »What A Difference A Day Makes« – Eine jazzige Zeitreise mit samtiger Stimme
Stimmen wie die von Ingram Washington kommen nicht alle Tage vor. Sie besitzen die rare Fähigkeit, einen Raum in Sekundenschnelle in eine gedimmte Jazzbar zu verwandeln, in der das Klirren von Whiskeygläsern und das diskrete Nicken gut gekleideter Herren zur Grundausstattung gehört. Tief, warm und von jener unaufgeregten Eleganz, die keine Effekthascherei nötig hat, singt Washington Klassiker des Great American Songbook mit einer Lässigkeit, als würde er alte Freunde begrüßen. What A Difference A Day Makes ist keine waghalsige Neuerfindung des Jazz, sondern eine liebevolle Erinnerung daran, warum diese Musik nie aus der Zeit fällt.
Musikalische Qualität: Swingende Eleganz trifft auf sanften Nachthimmel
Die Songauswahl ist eine Parade zeitloser Klassiker, die ihre Eleganz so selbstverständlich tragen wie ein älterer Herr, der auch zu Hause niemals ohne Sakko am Frühstückstisch sitzt. Unforgettable, My Funny Valentine, Autumn Leaves – Washington bewegt sich durch das Great American Songbook mit einer Lässigkeit, die er sich nur leisten kann, weil er genau weiß, dass er es stimmlich im Griff hat.
Die Begleitband – eine charmante und tadellos spielende Jazz-Combo – hält sich angenehm zurück und lässt den Sänger in den Vordergrund treten. Hier gibt es keine egozentrischen Saxophonsoli, die sich selbst mehr bewundern als das Publikum, keine wahnwitzigen Bebop-Akrobatiken, die eher an einen Jongleur erinnern, der sich mit zu vielen Bällen übernommen hat. Stattdessen: gefühlvoller Swing, dezente Arrangements und eine Rhythmisierung, die genau das richtige Maß an Bewegung verleiht, ohne dass man sich genötigt fühlt, den Aschenbecher vom Tisch zu fegen und ein spontanes Stepptanzsolo einzulegen.
Aufnahmetechnische Qualität: Klangbilder wie polierter Bernstein
Es gibt Jazzaufnahmen, die klingen, als hätte jemand das Mikrofon einfach irgendwo in den Raum gestellt, während der Bandleader mit einem Scotch in der Hand beiläufig "Legt einfach los" sagte. Dieses Album gehört glücklicherweise nicht dazu. Die Klangqualität ist von einer solchen Klarheit, dass man fast den Eindruck hat, die Musiker säßen direkt im Raum. Jeder Pinselstrich auf dem Becken, jede geschmackvoll gehauchte Note des Saxophons, jede sanfte Nuance der Streicher: alles ist fein austariert, nichts wirkt forciert oder aufdringlich.
Besonders Washingtons Stimme wurde mit größter Sorgfalt aufgenommen. Sie schwebt elegant über den Instrumenten, ohne jemals in Konkurrenz mit ihnen zu treten. Man hört jedes Detail seiner Phrasierung, jede feine Nuance seines Timbres. Wenn er in What A Difference A Day Makes die Zeilen mit fast beiläufiger Eleganz phrasiert, könnte man meinen, er erzähle einem eine Geschichte, die er schon tausendmal erzählt hat – aber jedes Mal mit der gleichen Wärme und Authentizität.
Fazit: Musik für alle, die gerne in Jazz baden
Es gibt Alben, die man hört, weil sie innovativ sind. Weil sie Grenzen ausloten und mit Genres jonglieren, als wäre Musik eine Art intellektuelles Trampolin. Und dann gibt es Alben wie dieses: Musik, die nicht provoziert, sondern einfach da ist, wie ein bequemer Ledersessel oder eine sanfte Brise an einem warmen Sommerabend.
What A Difference A Day Makes ist ein Album für Menschen, die Jazz nicht als Prüfstein für ihren exquisiten Musikgeschmack sehen, sondern als Lebensgefühl. Für alle, die gerne mit einem Glas Wein in der Hand dasitzen und denken: "Ja, genau so muss es sein." Und für diejenigen, die sich nicht scheuen, einfach mal einen Abend lang nur die Musik zu genießen – ohne analytische Tiefenbohrungen, ohne intellektuelle Verrenkungen, einfach so, weil’s schön ist.
Titel: What A Difference A Day Makes
Interpret: Ingram Washington
Erschienen bei: Villamax Records