Leonard Bernstein

Leonard Bernstein – Der Maestro, der nicht stillstehen konnte

Leonard Bernstein war nicht einfach nur ein Dirigent. Er war ein Ereignis, ein Energiebündel, ein Mann, der Musik nicht nur aufführte, sondern mit jeder Faser seines Körpers zelebrierte. Sein Markenzeichen: Dirigieren mit vollem Körpereinsatz, bei dem die Grenze zwischen Musikinterpretation und akrobatischer Darbietung oft fließend war.

Der Mann, der über Nacht berühmt wurde

Bernstein wurde 1918 in Massachusetts geboren, als Sohn jüdischer Einwanderer, die sich fragten, warum ihr Sprössling ausgerechnet Musiker werden wollte, wo es doch ehrbare Berufe wie Arzt oder Anwalt gab. Doch Bernstein ließ sich nicht beirren. Mit 25 sprang er kurzfristig für den erkrankten Bruno Walter ein und dirigierte das New York Philharmonic Orchestra – ohne Probe, aber mit umso mehr Brillanz. Am nächsten Tag stand er auf der Titelseite der New York Times, und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

Zwischen Beethoven und Broadway

Bernstein war ein musikalischer Tausendsassa. Er komponierte Werke wie West Side Story oder Candide und dirigierte zugleich Mahler, Beethoven und Gershwin mit einer Leidenschaft, als hinge das Überleben der gesamten westlichen Zivilisation von seiner Interpretation ab. Während andere fein säuberlich zwischen „E-“ und „U-Musik“ unterschieden, pfiff Bernstein auf diese Trennung und stellte sich mit einer Zigarette in der einen und einer Partitur in der anderen Hand mitten hinein.

Ein Lehrer mit Sendungsbewusstsein

Seine Young People's Concerts machten ihn in den USA zum musikalischen Erklärbär der Nation. Während andere Musikpädagogen versuchten, Klassik mit verklemmtem Bildungsdrang an den Mann zu bringen, sprang Bernstein euphorisch vor dem Orchester auf und ab, um den Kindern zu zeigen, dass Haydn wirklich lustig ist und Mahler so richtig dramatisch. Kein Wunder, dass er damit ein Millionenpublikum begeisterte.

Späte Jahre und großes Pathos

Nach seiner Zeit als Chefdirigent des New York Philharmonic konzentrierte sich Bernstein zunehmend auf Gastauftritte, vor allem mit der Wiener Philharmonie, die ihn nach anfänglichem Stirnrunzeln irgendwann doch ins Herz schloss. Besonders legendär: Sein Konzert 1989 zum Fall der Berliner Mauer, als er Beethovens Neunte dirigierte und kurzerhand „Freude“ durch „Freiheit“ ersetzen ließ – eine Geste, die von manchen als bewegend, von anderen als freche Partitur-Selbstbedienung empfunden wurde.

Das Vermächtnis eines Getriebenen

Bernstein war bis zuletzt rastlos. Er dirigierte, unterrichtete, komponierte und reiste unermüdlich – oft auf Kosten seiner Gesundheit. 1990 verabschiedete er sich in Tanglewood von der Bühne, kurz darauf verließ er die Welt der Lebenden, aber seine Aufnahmen bleiben. Wer ihn hört, weiß: Klassik kann mitreißen, faszinieren und – ja! – sogar Spaß machen. Und das ist vielleicht das schönste Vermächtnis, das ein Musiker hinterlassen kann.


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