Scott Hamilton »Ballads for Audiophiles«
Musik für Menschen, die ihre Boxen duzen
Es gibt Jazz-Alben, die sind so entspannt, dass man sich fragt, ob sie nicht heimlich ein Yogastudio betreiben. Ballads for Audiophiles von Scott Hamilton gehört genau in diese Kategorie. Es klingt, als würde es in Leinenhosen und Kaschmirpullover durch den Tag schlendern, dabei sanft an einer alten Pfeife ziehen und Dinge murmeln wie: »Ach, wie schön, wenn Musik noch atmen darf.«
Scott Hamilton, der Herr mit dem Saxophon und dem beneidenswerten Understatement, liefert hier eine Kollektion von Balladen ab, die in ihrer Geschmeidigkeit an einen perfekt temperierten Espresso erinnern – aromatisch, tiefgründig, aber ohne Hektik. Nichts wird überstürzt, nichts wird exaltiert zelebriert. Sein Spiel ist romantisch, aber nie kitschig. Wäre dieses Album ein Mensch, würde es bei einem Dinner-Date eher das Gespräch vertiefen als ständig Fotos vom Essen machen.
Doch warum for Audiophiles? Weil dieses Album so aufgenommen wurde, dass es sich in den Lautsprechern ausbreitet wie ein edler Cognac im Kristallglas. High-End-Enthusiasten schwärmen davon, als könnten sie zwischen den Noten die Maserung des Konzertflügels erkennen. Das liegt unter anderem an den legendären Röhrenmikrofonen (Neumann U47, U48, M49), die die Produzenten in einem toskanischen Schlosskeller aufgestellt haben – vermutlich, während sie in schweren Ledersesseln saßen und über den perfekten Hall nachsannen. Kein Equalizing, keine Kompression, kein unnötiges Editing. Alles pur. Wer hier klangliche Fehler sucht, wird so erfolglos sein wie jemand, der einen Italiener nach "etwas ohne Knoblauch" fragt.
Besonders bemerkenswert ist, dass dieses Album nicht nur HiFi-Fanatiker glücklich macht, sondern auch Menschen, die einfach nur Musik lieben. Selbst wer keinen Verstärker besitzt, der schwerer ist als eine Waschmaschine, kann sich dem Charme dieser Aufnahme kaum entziehen. Scott Hamiltons Saxophon gleitet durch den Raum wie eine perfekt dosierte Prise Rauch – wahrnehmbar, aber nie aufdringlich. Das Klavier hat eine Sonorität, die so echt klingt, dass man sich fragt, ob es nicht heimlich mitgehört hat, was man gestern Abend im Wohnzimmer besprochen hat.
Und die Begleitband? Perfekt abgestimmt. Nichts drängt sich in den Vordergrund, alles atmet, schwebt, klingt. Das ist keine Musik, die sich in den Weg stellt. Das ist Musik, die sich auf die Ledercouch setzt, ein gutes Buch aufschlägt und sagt: „Bleib doch noch ein bisschen.“ Und genau das sollte man auch tun.
Titel: Ballads for Audiophiles
Interpret: Scott Hamilton u.a.
Erschienen bei: Fonè Records