Mozart Klavierkonzerte Nr. 20 und 23

Der Klavierflüsterer und sein Mozart

Es gibt Pianisten, die ihre Diskografie behandeln wie ein ambitionierter Rucksackreisender seine Stempel im Reisepass: Je mehr, desto besser. Und dann gibt es Ivan Moravec. Ein Mann, der nur aufnahm, wenn er es wirklich wollte, und auch dann nur das, was er für absolut notwendig hielt. Man stelle sich vor, man betritt eine Bibliothek und findet nur zehn Bücher, aber jedes einzelne ist so gut, dass man sich nach der Lektüre fragt, ob die anderen Regalmeter im Grunde nicht überflüssig sind.

Nun also seine Mozart-Klavierkonzerte – konkret die Nummern 20 und 23, zusammen mit Neville Marriner und der Academy of St. Martin in the Fields. Zwei Institutionen, die in Sachen Mozart so verlässlich sind wie der Sonnenaufgang, nur mit etwas mehr Streicherpolitur.

Moravec war, so heißt es, ein „Touch-Maven“. Das klingt ein wenig nach einer obskuren Berufsbezeichnung aus einem Terry-Gilliam-Film, bedeutet aber schlicht: Er war besessen von Klang. Ein Mann, der sein eigenes Klavier-Feinjustier-Werkzeug mit sich führte, um sicherzustellen, dass jedes Pianissimo wirklich ein Pianissimo war und nicht so etwas Unpräzises wie »leise gespielt«.

Seine Interpretation? Ein Lehrstück in Eleganz und Intensität. Das düstere d-Moll-Konzert Nr. 20 spielt er mit einer Dramatik, die nicht so tut, als sei Mozart hier zufällig mal ein bisschen goth gewesen. Und dann das »Romance«-Andante – so schön, dass selbst notorische Mozart-Skeptiker sich ertappt fühlen, wie sie kurz die Augen schließen und etwas von der besseren Welt spüren, die wir alle nicht verdient haben.

Das A-Dur-Konzert Nr. 23 schließlich: luftiger, singender, ein pianistisch gedrechseltes Chaiselongue aus purem Wohlklang. Moravec lässt nichts versacken, nichts verschwimmen. Und das, obwohl sein Mozart so flüssig phrasiert ist, dass man ihn fast trinken könnte.

Diese Aufnahmen gab es in x-verschiedenen Konstellationen: als Einzel-CDs, als Box, vermutlich auch als digitale Datenströme, die irgendwo in den unendlichen Weiten der Streamingdienste herumschwirren. Wer Mozart liebt, sollte sie besitzen. Und wenn nicht – nun, es gibt Leute, die keinen Mozart besitzen, aber dafür zwanzig verschiedene USB-, XLR- und Netzkabel, von denen sie keines je benutzt haben. Man muss halt Prioritäten setzen.


Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart

Titel: Mozart: Piano Concertos Nos. 20 and 23

Dirigent: Sir Neville Marriner

Orchester: Academy of St. Martin in the Fields

Erschienen bei: Haenssler Classic

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