Nils Wülker »Up«
Nils Wülker – Up: Ein musikalischer Höhenflug mit Bodenhaftung
Kaum hebt die erste Trompetennote an, hat man das Gefühl, jemand hätte einem ein Fenster geöffnet – in einen anderen Aggregatzustand der Gegenwart. Up von Nils Wülker ist keine Sammlung luftiger Improvisationen, sondern eine durchdachte Einladung zum musikalischen Schweben, stets mit freundlichem Bodenkontakt.
Wülker, der bekanntlich zur raren Spezies der Trompeter zählt, die nicht nur Töne, sondern auch Atmosphäre erzeugen, verwebt auf diesem Album Jazz, Pop, Elektronik und eine Prise Skandinaviengefühl zu einem seltsam eleganten Ganzen – als hätte sich Arne Jacobsen in einen Moog-Synthesizer verliebt. Es ist Musik für das Dazwischen: zwischen Tag und Traum, zwischen Kopf und Körper, zwischen Ernst und dem Mut zur Leichtigkeit.
Sein Ton ist warm, aber nicht klebrig, kantig, aber nicht aggressiv. Wer beim Wort „Jazz“ unwillkürlich an überlange Soli auf ungeölten Saxophonen denkt, wird hier angenehm enttäuscht: Up ist strukturiert, klar, mit einem eleganten Hang zum Melodischen. Und das, ohne in seichte Fahrwasser zu geraten.
Die Aufnahmetechnik? Exzellent. Wülkers Trompete schwebt im Raum wie ein diskreter Geruch nach Zedernholz in einem teuren Hotelzimmer – präsent, aber nie aufdringlich. Die Bühne ist breit, tief, plastisch – man kann, wenn man will, sogar imaginäre Musiker an imaginären Notenständern imaginär schwitzen sehen.
Und wer ist dieser Herr eigentlich? Nils Wülker, 1977 in Bonn geboren, hat zunächst brav Wirtschaft studiert – vermutlich in der irrigen Annahme, dass Musikmachen keine Lebensversicherung sei. Glücklicherweise besann er sich eines Besseren und spielt seither lieber Trompete, als Geschäftsberichte zu lesen. Seitdem hat er sich als einer der profiliertesten deutschen Jazzmusiker etabliert. Mit viel Gespür für Klangräume, Kollaborationen und musikalische Zwischentöne bewegt er sich stets elegant an der Grenze zwischen Komposition und Improvisation – nie zu verkopft, nie zu gefällig. Seine Diskografie gleicht einem gut sortierten Bücherregal: thematisch vielseitig, aber stets mit erkennbarem Stilwillen.
Up ist kein Album für Schnellhörer oder Kaffeevollautomatenjazz. Es ist ein Werk für Menschen, die Musik nicht nur konsumieren, sondern bewohnen wollen – mit Hausschuhen, Ohrensessel und vielleicht einem kleinen, in Bronze gegossenen Zweifel an der Zeit.
Ein Album, das auf dem Plattenteller bleibt. Und im Kopf sowieso.
Titel: Up
Interpret: Nils Wülker
Erschienen bei: WM Germany
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